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Konjunkturausblick: "Finanzkrise ist noch nicht ausgestanden" - Forscher sehen dennoch gute Chancen für eine Fortsetzung des Aufschwungs
(nf/red/21.12.10) Fast drei Viertel des in der Rezession verlorenen Terrains hat die deutsche Wirtschaft im Aufschwungjahr 2010 wieder zurückgewonnen. Die verbleibende Lücke bis zum Erreichen des Vorkrisenniveaus könnte in der zweiten Hälfte 2011 geschlossen werden. So lautet die aktuelle Prognose des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts. Die Chancen für eine Fortsetzung des Aufschwungs seien gut. Zugleich betonen die Forscher jedoch zahlreiche Risiken, wie etwa die europäische Schuldenkrise.

Originaltext des HWWI:

+++Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat seine Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland aktualisiert und nach dem ausgeprägten Aufholprozess in diesem Jahr geringfügig angehoben. Für 2010 wird nunmehr mit einer Zunahme des realen Bruttoinlandsprodukts von 3,7 % gerechnet. Für das Jahr 2011 wird unverändert ein Wachstum von 2,5 % erwartet.

Nach dem kräftigen Anstieg in diesem Jahr hat die Wirtschaft nahezu drei Viertel des Rückgangs während der Krise aufgeholt, die Rückkehr auf das Vorkrisenniveau wird in der zweiten Jahreshälfte 2011 erwartet. Auch wenn der Aufholprozess mit Annäherung an das Vorkrisenniveau künftig etwas an Dynamik einbüßen dürfte, stehen die Chancen für eine Fortsetzung des Aufschwungs recht gut – insbesondere von binnenwirtschaftlicher Seite. Allerdings sind die Risiken von außenwirtschaftlicher Seite, allen voran die europäische Schuldenkrise, recht groß.

Die deutsche Wirtschaft hat sich von der Krise schneller erholt als noch vor einem Jahr erwartet. Nach der allmählichen Wiederbelebung im Laufe von 2009 hat sich der Aufholprozess in 2010 spürbar beschleunigt; in den ersten drei Quartalen dieses Jahres ist das Bruttoinlandsprodukt preis- und saisonbereinigt mit einer Jahresrate von 4 ½ % gewachsen. Dabei gab es zwar erhebliche Schwankungen von Quartal zu Quartal, diese waren allerdings zu einem Großteil auf die unterschiedlichen Impulse der Konjunkturmaßnahmen sowie auf Witterungseinflüsse und deren Nachwirkungen zurückzuführen. Nachdem der Aufholprozess in der ersten Phase vor allem durch die hierzulande und weltweit aufgelegten Konjunkturprogramme angetrieben worden war, haben in diesem Jahr die inländischen, endogenen Auftriebskräfte mehr und mehr an Gewicht gewonnen. Obwohl die gesamtwirtschaftliche Produktion noch nicht ganz wieder das Vorkrisenniveau erreicht hat, hat sich die Arbeitsmarktlage sogar darüber hinaus verbessert. Die Verbraucherpreise ziehen wieder merklicher an und das nicht nur allein wegen höherer Energiepreise. Dennoch lag die Inflationsrate zuletzt mit 1 ½ % nach wie vor deutlich unterhalb der Stabilitätsschwelle von 2 %.

Die Chancen für eine Fortsetzung des Aufschwungs stehen recht gut; eine Abschwächung der Aufholdynamik ist nach dem bisherigen rasanten Wiederanstieg nach der Krise als ein Prozess der Normalisierung anzusehen. Die binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich sowohl auf Seiten der privaten Konsumenten wie auf Seiten der Unternehmen so weit gefestigt, dass auf eine selbsttragende Erholung gesetzt werden kann – wenn sie nicht durch externe Störungen konterkariert werden. Ohne übermäßigen Störungen von außen könnte das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahresdurchschnitt 2011 um 2 ½ % zunehmen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird sich dann weiter verbessern und die Zahl der Arbeitslosen wird auch saisonbereinigt im Jahresverlauf unter die 3-Millionen-Marke sinken. Der Preisauftrieb wird sich unter diesen Bedingungen im Laufe von 2011 nach und nach verstärken und der 2-Prozent-Marke annähern.

Unter diesen Bedingungen drohen die größten Risiken für die weitere Wirtschaftsentwicklung von außen. Die Finanzkrise ist bei weitem noch nicht ausgestanden. Banken- und Staatsschuldenkrisen in anderen Ländern dauern an. Überdies haben in einigen Ländern nicht nur die Assetpreise sondern auch die Verbraucherpreise inzwischen spürbar angezogen. Für all diese Probleme sind nachhaltige Lösungsansätze noch nicht gefunden. Eine Verschärfung dieser Krisen ist somit nicht auszuschließen. Die Finanzmärkte reagieren auf diese Entwicklungen sehr nervös und sind entsprechend volatil. Diese Unsicherheit bremst die wirtschaftliche Aktivität eher. Aber auch konjunkturelle Rückschläge sind in für die deutsche Exportwirtschaft teils wichtigen Ländern nicht auszuschließen. Das gilt einmal für die USA, die weiterhin große Probleme am Arbeits- und am Wohnungsmarkt haben. Weiterhin besteht wesentlicher staatlicher und privater Konsolidierungsbedarf. Auch in China und anderen Schwellenländern gibt es Entwicklungen, die bei verschärfter Blassen- bzw. Inflationsentwicklung die dortigen Regierungen zu restriktiven Maßnahmen nötigen könnten. Schließlich könnten bei einer Verschärfung der Schuldenkrise in Europa mehr und mehr Länder zu verstärkten Sparmaßnahmen greifen, mit dämpfenden Wirkungen auf die insgesamt ohnehin lahmende Konjunktur in Europa. In jüngster Zeit ist zudem das Risiko eines Währungswettlaufs wieder größer geworden. Dies würde auch den Welthandel und damit den deutschen Export beeinträchtigen.+++

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