gesellschaft

Flüchtlinge: Exodus aus Nordafrika stellt Europa vor neue Herausforderungen - Kritik am bisherigen Kurs der "Abschottung"
(nf/red/15.02.11) Der Massenexodus aus Tunesien wirft ein grelles Schlaglicht auf das Flüchtlingsdrama, das sich seit Jahren vor Europas Küsten abspielt. Auch jetzt - kurz nach den politischen Umbrüchen - versuchen erneut tausende Menschen von Nordafrika aus den wohlhabenden Nachbarkontinent zu erreichen. Sie können kaum abschätzen, was sie in Europa erwartet und riskieren dennoch ihr Leben bei der gefährlichen Fahrt über das Mittelmeer. Den meisten Flüchtlingen dürfte die Aussichtslosigkeit im eigenen Land immer noch überwältigend erscheinen - daran konnte auch die Revolution bisher wenig ändern. Während nun in Brüssel, Rom und anderen Hauptstädten Europas über den Umgang mit der Flüchtlingskrise gestritten wird, arbeiten Organisationen wie das UNHCR daran, die Lage für die Ankömmlinge auf Lampedusa zu erleichtern. Die Menschenrechtsaktivisten von borderline-europe befürchten unterdessen, dass Europa seinen Kurs der "Abschottung" unverändert fortsetzen wird. 

Originaltext des UNHCR:

+++ Gemeinsam mit seinen Partnern der International Organisation for Migration (IOM) und Save the Children arbeitet UNHCR derzeit eng mit den italienischen Behörden zusammen, um die Situation der 'Boatpeople' aus Tunesien kommend entsprechend zu koordinieren. Nach Auskunft der italienischen Regierung sind 5.200 Menschen seit Mitte Januar auf Lampedusa angekommen; 4.400 innerhalb der letzten Tage. Einige Anträge auf Asyl wurden bereits gestellt.

Die meisten von ihnen sind junge Männer. Lediglich 200 Minderjährige - zumeist unbegleitet - und 20 Frauen wurden registriert.

UNHCR begrüßt den von italienischen Behörden begleitenden humanitären Nothilfeeinsatz und appelliert an die entsprechenden Stellen, den Neuankömmlingen eine größtmögliche Sensibilität entgegenzubringen und im Einzelfall zu prüfen, welches Recht auf Aufenthalt besteht.

Einige Anträge auf Asyl wurden bereits gestellt. Aus Gesprächen mit den Neuankömmlingen geht hervor, dass viele allerdings der vorherrschenden Arbeitslosigkeit in Tunesien entkommen wollen und Arbeit in Europa suchen. Andere fliehen, weil sie Angst vor Gewalt fürchten, nachdem das Rechtssystem in Tunesien zusammengebrochen ist.

UNHCR ist bedrückt, dass immer mehr Schmuggler die politische Situation in Tunesien nutzen, um junge Menschen nach Europa zu locken und ihnen ein besseres Leben versprechen. Die Überfahrt nach Lampedusa ist rund 130 Kilometern zwar vermeintlich kurz, jedoch aufgrund der schlechten Wetterlage und des hohen Wellengangs extrem gefährlich.

Die meisten Neuankömmlinge befinden sich in gesundheitlich stabilem und gutem Zustand, abgesehen von Entkräftung und durchnässter Kleidung. Unbestätigten Berichten zufolge sollen bei den Überfahrten vier Menschen ertrunken sein.

Die extrem hohe Zahl 'Boatpeople' innerhalb der letzten Tage löst einen enormen Druck auf das kleine Lampedusa aus. Obwohl das Aufnahmezentrum für nur 800 Menschen konzipiert wurde, sind derzeit rund 2.000 Menschen dort untergebracht. Zwar konnten Verlegungen von Betroffenen durch Inlandsflüge die Situation auf Lampedusa etwas entlasten, aber auch andere Zentren stoßen nach Auskunft der Behörden an ihre Belastungsgrenze.

UNHCR dankt der italienischen Regierung für die Unterstützung bei der Versorgung der Menschen und dem Versprechen, dass alle Schutzbedürftigen entsprechenden Zugang zum Asylverfahren erhalten sollen. +++

Infolink zur Originalquelle


Originaltext von borderline-europe:

+++ (...) Fakt dürfte wohl sein, dass die meisten jungen Männer und Frauen, die nun die gefährliche Überfahrt wagen, auch schon vorher gefahren wären, hätte es nur eine Möglichkeit gegeben. Doch die tunesischen Behörden haben die Grenzen des kleinen Landes gut überwacht. Illegale Ausreise ist strafbar. Viele Tunesier trauen der Ruhe nicht, und bis sich tatsächlich etwas im Lande für sie ändert wird sicher noch eine lange Zeit vergehen. Also haben sie sich aufgemacht, jetzt ihre Zukunft zu suchen. Auch aus dem eigenen Land trägt ihnen das natürlich Kritik ein, aber verdenken kann man es ihnen nicht. (...)

Derweil werden die Flüchtlinge, unter ihnen waren auch immer mal wieder schwarzafrikanische Gesichter zu sehen, in die Auffanglager in Sizilien, Apulien und Kalabrien verteilt. Doch das geht langsam, immer noch befinden sich über 2000 Menschen im Auffanglager Lampedusa, Platz im Notfall gibt es für gut 800. Diese Überfüllung hat 2009, als das Lager ebenso voll war, zum Aufstand geführt. Sicher auch um dieses zu verhindern sind die Flüchtlinge nun nicht eingesperrt, sie können das Lager verlassen, was viele aber gar nicht in Anspruch nehmen, glaubt man den Pressemeldungen, da sie auf einen Transfer nach Italien warten und nichts verpassen wollen. Mitarbeiter von UNHCR, IOM und Save the Children kümmern sich derweil um die Ankommenden. Der Beauftragte für die Flüchtlingsfrage in diesem Notfall, der palermitanische Präfekt Giuseppe Caruso, teilte heute mit, dass Sizilien schon alle aufnehmen könne, es wurden bisher zwei Notstandslager in den sizilianischen Städten Pozzallo und Rosolini eröffnet.

Doch was wird nun wirklich aus den Flüchtlingen? Haben sie eine Chance? Was wird aus den bisher mindestens Hundert Minderjährigen? Außenminister Frattini ist nach Tunis gereist, um dort zu verhandeln, wie man die Flüchtenden aufhalten kann. Die tunesischen Behörden scheinen auch schon wieder die Arbeit aufzunehmen, denn vor der tunesischen Küste scheint es mindestens zwei Unfälle gegeben zu haben, bei dem einmal 22 und das andere Mal fünf Flüchtlinge zu Tode kamen, ihre Boote scheinen von denen der Küstenwache gerammt worden zu sein. Das würde bedeuten, alles geht so weiter wie es aufgehört hat. (...) +++

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