gesellschaft

Zuwanderung: Deutschland braucht "mutiges" Gesamtkonzept und "Runderneuerung" - Forderung nach gezielter Anwerbung von Hochqualifizierten - Jahresgutachten vorgelegt
(nf/red/13.04.11) Deutschland braucht eine "Runderneuerung" in der Zuwanderungspolitik. Das fordert der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) in seinem Jahresgutachten. Die Experten verweisen auf die zunehmende Überalterung der Gesellschaft, die anhaltende Tendenz zur Abwanderung aus der Bundesrepublik und den drohenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Um dem entgegenzuwirken sei ein "mutiges" Gesamtkonzept nötig, so der SVR-Vorsitzende Bade. Als Kernpunkte nennen die Sachverständigen eine gezielte Steuerung der Zuwanderung, die verstärkte Anwerbung von Hochqualifizierten und mehr Anreize, um Spitzenkräfte im Land zu halten. Die Befragung zum Jahresgutachten belege darüber hinaus, dass Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber mehr Zuwanderung weitaus weniger verbreitet seien als häufig angenommen. Dies gelte auch für eine humane Asylpolitik und die Aufnahme von Flüchtlingen.

Audio zum Thema (Autor: Matthias Widder)

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Originaltext des SVR:

+++ (...) Die Ergebnisse des SVR-Migrationsbarometers zeigen: Eine klare Mehrheit von rund 60 Prozent der Befragten mit und ohne Migrationshintergrund befürwortet eine stärkere Zuwanderung von Hochqualifizierten. (...)

„Auf weite Sicht braucht Deutschland eine mutige Generalüberholung seines migrationspolitischen Steuerungssystems, wenn es den demo-ökonomischen Herausforderungen der Zukunft gewachsen sein will“, erklärte Bade. Deutschland ist ein bald demografisch vergreisendes und schrumpfendes Migrationsland, das nur über eine einzige Ressource verfügt: das sog. Humankapital, also eine möglichst qualifizierte Erwerbsbevölkerung.

Neben der Qualifikationsförderung im Innern ist deswegen eine migrationspolitische Offensive nötig. Dazu gehören mehrere Komponenten: a) der Versuch, die eigenen Spitzenkräfte im Land zu halten oder doch nicht auf Dauer zu verlieren; b) eine zumindest ausgleichende, möglichst dauerhafte Zuwanderung von Hochqualifizierten; c) eine teils dauerhafte, teils befristete Zulassung von Fachkräften und d) eine befristete bzw. saisonale Zulassung von Arbeitswanderungen in niedrig qualifizierte Beschäftigungsbereiche.

Dazu braucht das Land ein klares und politisch mutiges Gesamtkonzept. Es gibt dazu schon funktionstüchtige Aggregate. Sie müssen aber noch ergänzt und abgestimmt werden zu einem möglichst flexiblen und unbürokratischen Gesamtkonzept, das für die Bürger klar und nachvollziehbar ist. „Deutschland muss sich migrationspolitisch runderneuern“, erklärte der SVR-Vorsitzende. Wenn das gelinge, könne „Deutschland als Migrationsland im demografischen Wandel ein Modellprojekt“ werden.

Politik unterschätzt den Migrationsrealismus in der Bürgergesellschaft

Der SVR bekräftigt seine Forderung: Um die Abwanderung von Spitzenkräften aus Deutschland zu bremsen und die Zuwanderung solcher Kräfte zu steuern, muss Deutschland im Inneren und nach außen attraktiver werden. Bade: „Sonst gehen die, die wir brauchen und zureichender Ersatz bleibt aus. Beides hat mit dem gleichen Mangel an Attraktivität zu tun.“

Die Bürger sehen dies klarer als die Politik glaubt: Die Ergebnisse der SVR-Befragung von November/Dezember 2010 zeigen: ein hohes Informationsniveau, eine weitgehend realistische Einschätzung der Migrationsverhältnisse und differenzierte Erwartungen an die künftige Migrationspolitik. Mehr als die Hälfte der Befragten hält z. B. die Abwanderung aus Deutschland für zu hoch und deshalb für problematisch. Dieser Ansicht waren 64,2 Prozent der Befragten ohne Migrationshintergrund und 61,6 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund.

Das Migrationsbarometer belegt auch eine überraschend hohe Zustimmung zu einer verstärkten Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden: 48,5 Prozent der Befragten ohne Migrationshintergrund und 40,9 Prozent der Zuwandererbevölkerung befürworten dies. „Auch hier verwechselt Politik die nüchternen Einschätzungen der Bürgergesellschaft oft mit hysterischen publizistischen Diskursen“, erklärte der SVR-Vorsitzende. Politik sollte die Einsicht der Bürger in Sachen Migration nicht länger unterschätzen. (...)

Nordafrika: Migrations-, Entwicklungs- und Flüchtlingspolitik

Angesichts der Umbruchsituation in den nordafrikanischen Ländern muss die EU ihre Migrations- und Flüchtlingspolitik überdenken. Die ‚Festung Europa‘ darf sich nicht länger darauf beschränken, ihre Außengrenzen abzuschotten. Praktische und kontrollierbare Initiativen zur Bekämpfung der Ursachen unfreiwilliger Wanderungen müssen einen höheren Stellenwert erhalten. Die EU muss zusätzlich in überschaubarem Umfang legale Zuwanderungswege eröffnen. (...) +++

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