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Freihandelszone: Studie prognostiziert kräftigen Schub für die deutsche Wirtschaft - "Wichtig, dass Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz gewährleistet bleiben"
(nf/red/04.10.13) Kritiker eines möglichen Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU befürchten vor allem die Aufweichung von Sozialstandards und Verbraucherrechten auf dem alten Kontinent - Befürworter versprechen sich hingegen einen kräftigen Schub für Exportwirtschaft und Dienstleistungssektor. Die positiven Erwartungen an eine transatlantische Freihandelszone rückt nun eine Studie des ifo-Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung in den Vordergrund. Demnach kann Deutschland infolge des angestrebten Abbaus von Restriktionen mit bis zu 160.000 neuen Jobs rechnen. Von wirtschaftlichen Vorteilen profitieren würden nicht nur Großkonzerne, sondern auch der Mittelstand. Zudem prognostiziert die Untersuchung Lohnzuwächse auf breiter Front. Anzeichen für eine Verschärfung von Einkommensungleichheit gebe es dabei nicht, teilt die Stiftung mit. Entscheidend sei die Akzeptanz der Bevölkerung, so das Fazit. Nutznießer einer Freihandelszone, die mit rund 800 Millionen Einwohnern die größte der Welt wäre, müssten deshalb auch kleine Betriebe und schwache Einkommensgruppen sein. Wichtig sei darüber hinaus, dass Arbeitnehmer- und Verbraucherschutz gewährleistet blieben.

Originaltext der Bertelsmann Stiftung:

+++ Ein Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA brächte Deutschland erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Nahezu alle Branchen in allen Bundesländern würden profitieren, und zu erwartende Lohnzuwächse verteilten sich über alle Einkommensgruppen. Zu dieser Einschätzung kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung und des ifo-Instituts. "Gewinnen würden nicht nur Großkonzerne, sondern insbesondere der Mittelstand", sagte Aart De Geus, Vorstandschef der Bertelsmann Stiftung. Ab Montag verhandeln die Europäische Union und die Vereinigten Staaten, die beiden größten Wirtschaftsräume der Welt, in Brüssel wieder über eine umfassende Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP).

Die Studie rechnet mit 160.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen in allen Qualifikationsgruppen, falls EU und USA sich darauf einigen, Handelshemmnisse umfassend abzubauen. Aussicht besteht auch darauf, dass die Realeinkommen in allen Lohngruppen steigen. Für eine Verschärfung von Lohn-ungleichheiten durch ein transatlantisches Freihandelsabkommen sieht die Studie keine Anzeichen. Der Wegfall von Handelsbeschränkungen dürfe, so De Geus, aber nicht den Abbau aller Restriktionen bedeuten: "Entscheidend wird sein, ob ein Freihandelsabkommen auch die Akzeptanz der Bevölkerung findet. Deshalb ist es nicht nur wichtig, dass auch kleine Betriebe und niedrige Einkommensgruppen profitieren, sondern dass Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz gewährleistet bleiben", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung.

Deutschland kann durch ein Freihandelsabkommen insbesondere Zuwächse beim Export in die USA erwarten, so die Studie. Im Nahrungsmittelgewerbe, in der Metallerzeugung und Metallbearbeitung sowie der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft könnte der Export in die USA um bis zu 50 Prozent wachsen. Das wiederum hätte positive Effekte auf Produktion und Beschäftigung, etwa in der Metallerzeugung, in der Elektroindustrie sowie in der Automobil- und Maschinenbauindustrie. Nachteilig auswirken würde sich ein Freihandelsabkommen hingegen auf den Textilhandel, der einen Rückgang des US-Exports um 20 Prozent befürchten müsste.

Allein das produzierende Gewerbe könnte dadurch rund 85.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Eine Senkung der Handelskosten würde sich auch auf Bereiche der Volkswirtschaft auswirken, die nicht direkt im Export beteiligt sind, darunter der Dienstleistungssektor, auf den 75.000 der neu zu erwartenden Arbeitsplätze entfallen. Beispielhaft zu nennen sind hier etwa Kraftfahrzeughandel oder Reparaturdienstleistungen.

Für alle Bundesländer sagt die Studie positive Wachstumseffekte voraus. Zu den größten Gewinnern zählen die Bundesländer mit einem stark exportorientierten produzierenden Gewerbe. Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg könnten mit einem Wertschöpfungszuwachs in Höhe von rund fünf Milliarden Euro und jeweils rund 20.000 neuen Arbeitsplätzen rechnen. Letztere verteilen sich voraussichtlich über alle Qualifikationsgruppen. Die Chancen von gering Qualifizierten verbessern sich etwa in der Metallerzeugung und -verarbeitung, im Elektroniksektor und in der Chemischen Industrie. Für Hochqualifizierte wären zusätzliche Arbeitsplätze neben der Elektroindustrie im Maschinenbau und in der Automobilindustrie zu erwarten. Zudem entsteht in den verschiedenen Berufsgruppen zusätzlicher Bedarf an Bürofach- und Hilfskräften, etwa bei Elektrikern, Monteuren, Ingenieuren und Technikern.

Die Löhne werden mit dem Abschluss eines Freihandelsabkommens laut Studie nahezu durchgängig wachsen. Geringer qualifizierte Arbeitnehmer könnten sogar stärker profitieren als mittel- und hochqualifizierte Beschäftigte. So wird in den niedrig qualifizierten Gruppen ein Anstieg der Reallöhne um 0,9 Prozent erwartet. Die Reallöhne der mittel- und hochqualifiziert Beschäftigten steigen um 0,7 bzw. 0,6 Prozent.

(...) +++

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