wirtschaft

Maschinenbau: "Mutig in zukünftiges Wachstum investieren" - Herausforderung "Industrie 4.0" - Verschärfter Wettbewerb durch chinesische Anbieter
Von Matthias Widder, NachrichtenFormat.de

(nf/maw/08.04.14)
Der Maschinenbau zählt zu den stärksten Zugpferden der so erfolgreichen deutschen Exportwirtschaft. Seit der Krise der Jahre 2008 und 2009 hat die Branche einen beeindruckenden Aufschwung genommen. Heute strotzt sie vor Kraft. Umsatz, Profitabilität oder Liquidität – auf nahezu allen Feldern konnten herausragende Steigerungsraten erzielt werden. Woran es allerdings mangelt, sind zukunftsgerichtete Investitionen. Das könnte sich rächen, denn die Konkurrenz – vor allem aus China – schläft keineswegs. NachrichtenFormat.de sprach dazu mit dem Branchenexperten Thomas Kautzsch von Oliver Wyman. Das Beratungsunternehmen hat eine neue Analyse zum deutschen Maschinenbau veröffentlicht.

NachrichtenFormat.de: Herr Kautzsch, Sie sehen den deutschen Maschinenbau in blendender Verfassung. Welche Faktoren sind dafür verantwortlich, dass sich die Branche derzeit so stark präsentiert?

Thomas Kautzsch: Der Erfolg basiert auf einer Kombination mehrerer Faktoren. Historisch besitzt die Branche hohe Innovationskraft und deutsche Unternehmen sind in vielen Segmenten Technologieführer. Die Globalisierung der Branche schreitet voran, die meisten Unternehmen sind heute mit Vertrieb und Service global vertreten. So haben deutsche Unternehmen stärker als Wettbewerber aus der Triade vom Wachstum in den Schwellenländern profitiert. In den letzten Jahren ist in den meisten Unternehmen das Kosten- und Finanzmanagement besser geworden und die deutschen Maschinenbauer haben ihre Ertragskraft und Eigenkapitalausstattung deutlich gesteigert.

Ungeachtet der guten Ausgangslage – der Blick in die Zukunft ist nicht ganz ungetrübt. Wo lauern die Risiken?

Die Situation ist von Segment zu Segment unterschiedlich. Für die Branche insgesamt ist auf mittlere Sicht aber sicherlich der aufkommende Wettbewerb durch chinesische Anbieter das größte Risiko.

"Unsicherheit wird bleiben"

Allzu große Zurückhaltung bei Investitionen und Innovationen zugunsten einer möglichst soliden finanziellen Basis ist laut Ihrer Analyse nicht mehr unbedingt zielführend. Heißt das: Die jüngsten Krisen und aktuellen Unsicherheiten haben ihren Schrecken verloren und die Unternehmen sollten wieder mutiger werden?

Maschinenbauer werden auch in Zukunft – so wie sie es im Übrigen schon immer getan haben – in volatilen Märkten agieren. Die Unsicherheit wird bleiben. Insofern besteht die Herausforderung für die Unternehmen darin, trotz der Unsicherheit zu wachsen. Dies bedeutet einerseits hinreichend flexibel zu sein, um den nächsten Abschwung zu meistern, andererseits mutig in zukünftiges Wachstum zu investieren.

Auf den internationalen Märkten wird die Konkurrenz – Sie nannten bereits die Wettbewerber aus China – weiter an Schärfe zulegen. Welche Strategien bieten sich für den deutschen Maschinenbau an, um auch künftig so erfolgreich zu agieren wie bisher?

Die Basis des Erfolges liegt sicher in der kontinuierlichen Weiterentwicklung des bestehenden Geschäftes: in der Innovation, der noch engeren Vernetzung mit dem Kunden, dem Ausbau des Serviceangebots, der kontinuierlichen Kostensenkung und Effizienzsteigerung. Darüber hinaus sollten die Unternehmen für sich zwei Fragen beantworten. Erstens: Wie schaffe ich in den Triademärkten eine dominante Position, aus der heraus ich mich wirksam verteidigen kann? Zweitens: Was ist meine Strategie, um in Emerging Markets, speziell in China und im mid-market Segment, erfolgreich zu sein und in diesen Märkten auf Dauer eine führende Position gegenüber chinesischen Wettbewerbern zu behaupten?

"Schutz der Daten wird deutlich zunehmen müssen"

In Ihrer Analyse betonen Sie auch, wie wichtig es ist, dass die deutschen Maschinenbauer die Chancen der „nächsten industriellen Revolution“ ergreifen. Stichwort: „Industrie 4.0“. Was werden diese Umwälzungen bringen?

Für produzierende Unternehmen werden sie eine flexiblere Produktion, eine bessere Integration über die Supply Chain und weniger Overheads bringen. Für Maschinenbauer und Komponentenhersteller ergeben sich Chancen und Risiken. Entscheidend wird sein, wer die technischen Standards setzt und wie offen diese in der Realität tatsächlich sein werden.

Wenn es um das Zusammenwachsen von Produktion und digitaler Welt geht – welche Rolle spielt dabei der Schutz interner Unternehmens- oder Prozessdaten vor unautorisierten Zugriffen von außen?

Der Schutz der Daten und insbesondere der Sensoren und Aktoren in den Maschinen und Anlagen gegen unberechtigten externen Zugriff wird deutlich zunehmen müssen. Der Schutz gegen Wirtschaftsspionage, aber auch gegen kriminelle Hackerangriffe, Terroranschläge oder Cyber Warfare ist in Industrieanlagen bislang unzureichend.

Abschließend - wie lautet Ihre Prognose? Wird der deutsche Maschinenbau seine Spitzenposition beim Export in den kommenden Jahren einbüßen oder wird er diese behaupten?

Der deutsche Maschinenbau wird seine Spitzenposition in der Welt erhalten. China wird in der Exportstatistik allerdings an Deutschland vorbeiziehen.

Wir bedanken uns für das Interview!

Kurzprofil:  

Thomas Kautzsch ist Partner bei Oliver Wyman in München und Leiter des globalen Branchenteams Automotive and Manufacturing Industries. Er ist spezialisiert auf die Entwicklung und Umsetzung von Wertsteigerungsstrategien, Restrukturierungs- und Transformationsprozessen.

Hinweis der Redaktion: Für den Inhalt der Interviewaussagen ist der angegebene Gesprächspartner verantwortlich. NachrichtenFormat gibt keine Gewähr für Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit. Alle Aussagen stellen eine Meinungsäußerung dar und sind keine Anlageempfehlung.
 
 

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