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Jobmärkte: Deutschland weiterhin mit positivem Trend - Langzeitarbeitslosigkeit bleibt das größte Problem - Extrem schwierige Lage in vielen europäischen Partnerländern
(nf/red/03.09.14) Gute Aussichten für den deutschen Arbeitsmarkt: Laut Prognose der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird die Erwerbslosigkeit in der Bundesrepublik in den kommenden anderthalb Jahren weiter zurückgehen. Unter den insgesamt 34 OECD-Staaten dürfte Deutschland damit einen der Spitzenplätze übernehmen. Ganz ungetrübt ist das Bild, das die OECD in ihrem jüngsten Beschäftigungsausblick zeichnet, jedoch nicht. Die Organisation verweist unter anderem auf das strukturelle Problem der Langzeitarbeitslosigkeit. Diese sei in Deutschland trotz erheblicher Fortschritte immer noch überproportional stark ausgeprägt. Nahezu 45 Prozent aller Arbeitslosen hierzulande seien bereits länger als ein Jahr ohne Job, im OECD-Schnitt seien es 35 Prozent. Mit Blick auf den gesamten OECD-Verbund kommen die Experten zu dem Fazit, dass die Krise an den Arbeitsmärkten der Industriestaaten keineswegs überwunden ist. In vielen Ländern, vor allem in Südeuropa, sei die Lage nach wie vor schlecht und gekennzeichnet von extrem hohen Erwerbslosenquoten. Dies gilt vor allem für den Jugendbereich. Von einer weiteren Absenkung des Lohnniveaus als Mittel gegen die Jobkrise rät die OECD gleichwohl ab. Angesichts ausgebliebener Reallohnsteigerungen seit 2009 wären weitere Lohnkürzungen "kontraproduktiv und würden weder neue Jobs noch mehr Nachfrage schaffen".

Originaltext der OECD:

+++ Die Arbeitslosigkeit wird in Deutschland bis Ende 2015 auf weniger als fünf Prozent (nach ILO-Definition) fallen. Davon geht der aktuelle Employment Outlook 2014 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aus, der heute in Paris vorgestellt wird. Erfüllen sich die Prognosen, gehört das Land ab dem nächsten Jahr zu den Top-Arbeitsmarktperformern der OECD.

Insgesamt wird die Arbeitslosigkeit im OECD-Raum bis Ende 2015 über dem Vorkrisenniveau verharren: Fast 45 Millionen Menschen sind zurzeit ohne Job – zwölf Millionen mehr als 2007. Nach Einschätzung des Berichts sinkt die durchschnittliche Arbeitslosenrate in der OECD leicht, von 7,4 Prozent Mitte 2014 auf 7,1 Prozent Ende des nächsten Jahres.

Der Ausblick variiert von Land zu Land stark: Am schlechtesten ist die Lage noch immer in Griechenland und Spanien, wo trotz eines leichten Rückgangs etwa ein Viertel der Erwerbsbevölkerung arbeitslos ist. Auch in Italien, Portugal, Slowenien und der Slowakei wird die Arbeitslosigkeit auf absehbare Zeit über zehn Prozent liegen. Im Euroraum rechnet der Bericht bis Ende 2015 mit einem Rückgang von derzeit 11,6 auf 11,2 Prozent.

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist in Deutschland so stark zurückgegangen wie in keinem anderen OECD-Land, sie ist allerdings immer noch wesentlich ausgeprägter als im Rest der OECD: Nahezu 45 Prozent aller Arbeitslosen in Deutschland sind schon länger als ein Jahr ohne Job, im OECD-Durchschnitt sind es 35 Prozent. In absoluten Zahlen sind das 16 Millionen Menschen und damit beinahe doppelt so viele wie zu Beginn der Krise. Dieses Ergebnis gibt Anlass zur Sorge, denn in Ländern, die von der Krise stark betroffen waren, ist so strukturelle Arbeitslosigkeit entstanden, die selbst dann nicht automatisch zurückgehen wird, wenn die Wirtschaft wieder anzieht.

„Zwar haben Lohnkürzungen in den Krisenländern dazu beigetragen, die Arbeitslosigkeit einzudämmen und die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen, weitere Kürzungen wären aber kontraproduktiv und würden weder neue Jobs noch mehr Nachfrage schaffen“, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría in Paris. „Die Regierungen, gerade auch der großen Schwellenländer, müssen sich darauf konzentrieren, das Wirtschaftswachstum zu stärken. Das geht am besten durch Strukturreformen, die den Wettbewerb in Produkt- und Dienstleistungsmärkten ankurbeln. So erhöhen wir Investitionen und Produktivität, schaffen Jobs, steigern die Löhne und verbessern das Leben der Menschen.“

Den Auswirkungen der Krise auf Löhne und Gehälter widmet der Ausblick ein eigenes Kapitel. Er kommt zu dem Schluss, dass es seit 2009 im Großen und Ganzen kaum mehr Reallohnsteigerungen gegeben hat und dass die Löhne in einer Reihe von Ländern sogar um jährlich 2 bis 5 Prozent gesunken sind, so zum Beispiel in Griechenland, Irland, Slowenien und Spanien. Dieser Trend erfasste zwar alle Verdienstgruppen, besondere soziale Härte barg er aber vor allem für jene, die ohnehin schon wenig verdienten.
    
Vor diesem Hintergrund ruft der Bericht die Politik dazu auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Löhne für Niedrigverdiener nicht noch weiter sinken. Diese Forderung richtet sich explizit auch an Länder wie Deutschland und die USA. Hier ist die Arbeitslosigkeit zwar stark zurückgegangen, aber der Anteil der Niedrigverdiener liegt mit 20 beziehungsweise 25 Prozent der Arbeitnehmer über dem OECD-Schnitt.

Mindestlöhne sieht der Bericht als probates Mittel, um die Löhne von Niedrigverdienern nach unten zu begrenzen. Sie sind mittlerweile in 26 OECD-Ländern verpflichtend oder werden gerade eingeführt. Auch innerbetriebliche Vergünstigungen können eine bedeutende Rolle spielen. Daneben sei es aber ebenso wichtig, den Wettbewerb im Güter- und Dienstleistungswettbewerb zu fördern und so das Wachstumspotenzial zu erhöhen.

In einer Vielzahl von Ländern bemängelt der Beschäftigungsausblick den großen Unterschied in der Arbeitsplatzsicherheit von befristeten und unbefristeten Jobs – so auch in Deutschland. Befristete Anstellungen seien allzu häufig kein Sprungbrett in eine permanente Arbeit. In Europa zum Beispiel hatte weniger als die Hälfte der befristet Angestellten drei Jahre nach Erfassung eine entfristete Vollzeitstelle. Länder wie Spanien, Italien oder auch Griechenland haben hier mit Reformen begonnen. Diese werden allerdings noch Zeit benötigen, um Resultate zu zeitigen. Der Bericht betonte, es sei wichtig, nun auf Kurs zu bleiben und ermunterte andere Staaten, dem Beispiel zu folgen.

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